Geschichte

 

Aktuelles: Jubiläum 625 Jahre Kirche "St. Anna" zu Gronau

Fotos zur Ausstellung "evangelsich sein"

Pressetext:

In der Evangelischen Kirche St.Anna in Bensheim-Gronau ist am Sonntag die  Ausstellung  „Was heißt es für mich, evangelisch zu sein?“ eröffnet worden. Gezeigt werden großformatige Plakate, auf denen Menschen aus allen 34 Kirchengemeinden im Evangelischen Dekanat Bergstraße Auskunft geben, warum sie Mitglied in der evangelischen Kirche sind, was ihren Glauben prägt und was es für sie bedeutet, evangelisch zu sein.
„Wir haben die Ausstellung anlässlich unseres Kirchenjubiläum nach Gronau-Zell geholt“, betont Gemeindepfarrer Peter Voß. Aus seiner Gemeinde hatte sich Norbert Hebenstreit an dem Interviewprojekt beteiligt. Er war früherer Betriebsrat bei der Bensheimer Papierfabrik Euler und sagt: „Als 2006 die Firmenleitung ankündigte, den Standort in Bensheim zu schließen, hat uns das Engagement des Evangelischen Dekanats sehr geholfen. Wie haben dadurch öffentliche Unterstützung bekommen…Evangelisch sein heißt für mich auch, sich einzumischen und klar Position zu beziehen.“
Die Plakate waren erstmals am Sonntag bei einem besonderen und gut besuchten  Sing-Gottesdienst zu sehen, der von Christiane Opfermann geleitet wurde und an dem sich auch die Konfirmanden aktiv beteiligten. Sie präsentieren verschiedene Texte und szenische Darstellungen zum Kirchenjahr.
Im Anschluss lud die Gemeinde zur Weinprobe ein. Die Gronauer Winzerfamilie Elke und Frank Dingeldey hatte für das 625jährige Kirchenjubiläum eigens einen Jubiläumswein kreiert. Das Etikett mit der Aufschrift „625 Jahre Kirche St.Anna zu Gronau“ zeigt eine Ortsansicht, bei der die Kirche im Mittelpunkt steht. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des halbtrockenen Rotlings sollen die Bodenplatten der Kirche erneuert werden. „So werden wir von unten wie von oben beschützt“, meinte Pfarrer Voß augenzwinkernd.
Nächster Höhepunkt des Kirchenjubiläums ist eine vierteilige Veranstaltungsreihe zum Thema „Was heißt ‚heilig‘ für evangelischen Christen heute“. Zum Auftakt am 6. März geht es um die Frage, was Fußballspielenden und ihren Fans „heilig“ ist.
Die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ausgezeichnete Ausstellung: Was heißt es für mich, evangelisch zu sein? ist bis Ostern 2012 in der Kirche St.Anna zu sehen.

 

Aus der Geschichte des Dorfes Gronau bei Bensheim an der Bergstraße

"Gronau" bedeutet "grüne Aue". Das Dorf liegt unweit der Bergstraße, jenes uralten Nord-Süd-Verkehrsweges durch das Rheintal am Rande des Odenwaldes. Es ist mit Sicherheit eine Gründung des Klosters Lorsch, der berühmten Reichsabtei, von der aus um 800 der größte Teil unseres Gebietes bis weit in den Odenwald hinein besiedelt wurde. Ein genaues Gründungsdatum des Ortes hat sich aber bislang noch nicht finden lassen. Die erste Erwähnung entnehmen wir dem Lorscher Codex, einer umfassenden Urkundensammlung des Klosters: Um 1150 zahlt ein Gerolt von Grunowe Zins an das Kloster. Um 1210 und 1318 finden sich zwei weitere ähnliche Erwähnungen.

Im Jahre 1232 war die Reichsabtei Lorsch aufgelöst worden. Ihr Besitz ging zum großen Teil an das Erzbistum Mainz über. Aber auch der Adel, Nachkommen der weltlichen Klostervögte, hatte sich am Besitz des zerfallenen Klosters bereichert. Während der südliche Teil an den Pfalzgrafen fiel, dehnten von Osten, vom Odenwald her, die Schenken von Erbach ihr Gebiet in die westliche Nachbarschaft aus, wo die Anbaugebiete des Bergsträßer Weines sie besonders anlockten. Ab 1464 waren sie endgültige Besitzer des Amtes Schönberg, dessen wichtiges Kirchdorf unser Gronau war. Hier wurden auch die Toten der Herrschaft bestattet.

Eine eigene Pfarrkirche läßt sich für das Jahr 1387 nachweisen. Ihr Altar war der Heiligen Anna geweiht. Wann das schöne gotische Kirchlein erbaut wurde, ist unsicher, doch wurde 1509 nachweislich eine gründliche Erneuerung durchgeführt: "Der Thurm 18 schu im Gemucher herhocht und der Helm daruff gemacht, item das Chor von grunde uffgefuhrt ...". Von diesem Kirchlein gibt es ein reizendes Bild des Romantikers Fohr aus dem Jahre 1814. Leider wurde das Gotteshaus 1827 abgerissen und durch den gegenwärtigen klassizistischen Bau ersetzt.

Im Mittelalter war das Dorf sehr klein. 150 bis höchstens 200 Einwohner bewirtschafteten die "Huben", die Bauernhöfe, die sich um die Kirche und den herrschaftlichen Pachthof drängten. Oberhalb und unterhalb des Dorfes dehnten sich noch immer große Teile der alten "Aue" (feuchte Wiesen), die dem Dorf seinen Namen gegeben hatten.

Von dem Jahre 1503 an fließen die Quellen über die Dorfgeschichte reichlicher, weil durch besonders glückliche Umstände des Pfarrarchiv von diesem Zeitpunkt an recht vollständig erhalten blieb. Seit diesem Zeitpunkt stehen uns heute bis in 18. Jahrhundert hinein die Pfarregister (Grundlagen der Pfarrbesoldung durch Naturalien) zur Verfügung, dazu eines der ältesten Kirchenbücher Südhessens, das im Jahre 1552 beginnt. So sind wir in der Lage, seit dieser Zeit die Namen der Bauern, teilweise auch ihrer Verwandtschaft, Geburten und Todesdaten, die Wirtschaftsweise, Flurnamen, die Art der angebauten Früchte und natürlich auch viele Angaben über den Weinbau zu ermitteln und zu verfolgen.

Aber leider erhalten schon die ältesten Nachrichten von 1503 den Bericht des Pfarrers über einen schrecklichen Durchzug der Pest, dem etwa 50 Menschen zum Opfer fielen, etwa 1/3 der Bevölkerung. Weitere Züge der Seuche folgten. Im Jahre 1573 - 74 starben über 75 Menschen, vor allem Kinder. Ganze Familien wurden ausgelöscht.

Ein wichtiges Ereignis war die Einführung der Reformation in Gronau. Sie erfolgte durch den damaligen Jesuitenpater Peter Lesch, der ein hochgebildeter Mann war (er soll auch Chirurg gewesen sein). Er diente von 1519 bis 1539 als katholischer Priester und dann bis 1559 als evangelischer Pfarrer. Er hatte also bei seinem Tode 40 Jahre in Gronau gewirkt.

Der nächste schwere Einschnitt in die Geschichte des Dorfes erfolgte im Verlaufe des 30jährigen Krieges (1618 - 48). Die Bergstraße als besonders wichtige Nord-Südverbindung wurde immer wieder von den durchziehenden Heeren beider Konfessionen heimgesucht und völlig ausgeplündert. Die Einwohner Gronaus starben den Hungertod, wurden einfach totgeschlagen, fielen Krankheiten und Seuchen zum Opfer oder wanderten aus. Nur fünf alte Famliennamen aus der Zeit vor dem Kriege sind danach im Dorfe noch feststellbar. Die Höfe lagen verlassen, die Äcker wüst. Ein Pfarrer mußte 1636 einen ergreifenden Brief an den Grafen von Erbach schreiben und um Hilfe vor dem Hungertod flehen.

Nach dem Kriege ging es wieder langsam aufwärts, neue Familien übernahmen die verödeten Huben, die Äcker wurden wieder bestellt. Aber schon 25 Jahre später, um 1674, hören wir von neuen Kriegen, schweren Kriegssteuern, Einquartierungen und von der Flucht der Bauern in die Wälder, von Plünderungen und schließlich vom Raub der Kirchenglocken. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam das Dorf wieder langsam zur Ruhe, obgleich Kriegszüge immer wieder vorkamen. Die Dorfbevölkerung nahm zu. Im Laufe des Jahrhunderts wurden auch manche Bauern wohlhabender, sodaß wir in einem Bericht vom Jahre 1804 von 18 Bauernhäusern, 41 Handwerkern- und Tagelöhnerhäusern und von insgesamt 323 Einwohnern lesen. Und wörtlich heißt es dann: "Der Ort hat einen ergiebigen Fruchtboden, baut Wein, gewinnt gutes Obst, besitzt schöne Privathecken (Bauernwald) und ist wohlhabend. Im übrigen fließen wegen von dortigen Einwohnern verübten Waldfrefeln jährlich mehrere hundert Gulden nach Bensheim.

Bei der Angabe der Wohnhäuser fallen die verhältnismäßig vielen Handwerker und Tagelöhner auf. Eine beträchtliche Zunahme des Handwerkes ist für das 18. Jahrh. allenthalten festzustellen. In Gronau klapperten zu dieser Zeit gleichzeitig 8 Webstühle; aber auch die Küfer und die anderen herkömmlichen Handwerksberufe sind damals in auffallender Häufigkeit vertreten. Einige Leinenweber haben sich bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts halten können.

Im 19. Jahrhundert war auch lange Zeit ein Steinbruchbetrieb ein wichtiger Arbeitgeber für die Dorfbewohner. Der wichtigste und typischste Beruf blieb freilich der des Bauern, vor allem der des Weinbauern; und wenn heute wie überall viele Leute mit dem Auto zu auswärtigen Arbeitsplätzen fahren, so bedecken ihre Weinberge doch immer noch die südlichen Hänge des Gronauer Tales.

Abschließend noch einige Bemerkungen zum heutigen Dorfbild: Das alte Dorf mit seinen Fachwerkhäusern - von denen manche noch aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg stammen - hat sein anheimelndes Bild weitgehend bewahrt. Am östlichen Dorfende entstand ein Neubauviertel, vorwiegend von Gronauer Familien bewohnt. Im Süden wurde eine Schule gebaut, die noch heute als Grundschule erhalten blieb und in deren Nachbarschaft sich zugezogene Städter ihre neuen Anwesen bauten. Ähnlich verlief die Entwicklung im Norden und auch im Westen, wo die alte "Au" allmählich zugebaut wurde. So nähert sich auch die Einwohnerzahl, in den 60-er Jahren noch um 800, nun der tausender Grenze. Ungebrochen blieb die Liebe der Gronauer zu Zusammenschlüssen; das Vereinsleben ist sehr rege. Und ungebrochen blieb die Freude der Gronauer am gemeinsamen Feiern.

 

Eberhard Kühner (1985)